Kinder brauchen Rituale

Foto: Andrea Agyemang

"Lass' mich wachsen wie ein Baum
atmen in des Himmels Raum
Wurzeln in der Erde Grund
so an Leib und Seel' gesund.
Lass' mich schlafen fromm und gut
wie nun still die Erde ruht
da der Nebel niedersteigt
und des Tages Licht sich neigt.
So ohne Wunsch und Wille.
Birg' mich in deiner Stille."

Als meine Kinder klein waren (bis in die Unterstufe hinein), war unser Alltag durchzogen von festen Ritualen. Diese geben den Kindern Sicherheit und Geborgenheit. Sie bieten eine gewisse Struktur, an der sie sich "anhalten" können. Wenn sie wissen, dass etwas Bestimmtes, auf die gleiche Weise, in der gleichen Reihenfolge, jeden Tag auf's Neue abläuft, dann stärkt das ihr Selbstvertrauen. Es offeriert ihnen Orientierung und festigt etwas Grundlegendes in ihnen. Für mich ist es bildlich gesprochen wie "der Keller eines Hauses", der somit eine gewisse Stabilität hat. Das Haus stürzt somit nicht gleich beim leisesten Windhauch  ein.

Beispiel:

1. Etwa um 18h, eine Zeit nach dem Abendessen, begeben wir uns ins Badezimmer zum Waschen und Zähneputzen.
2. Danach geht's ab ins Kinderzimmer.
3. Dort gibt es eine Gute-Nacht-Geschichte selbst erzählt und/oder erfunden. (Ich erinnere mich noch genau, dass ich sehr oft meine eigene Geschichte von der Zauberquelle erzählte: "Wer aus mir trinkt, wird ein (bestimmtes Tier). Wer aus mir trinkt, wird ein ??  Verwandeltesich also, wenn er von diesem Wasser trank....Bei jeder weiteren Geschichte dachte ich mir etwas Neues dazu aus. Es war also wie eine fortlaufende Geschichte. Die Kinder lieben solche erfundene Geschichten und es fordert die Kreativität und Fantasie von uns Erwachsenen heraus)Gerne nahm ich auch das Buch her: "... wenn die Seele Märchen erzählt" v. Sonja v. Eisenstein (das sind wundervolle Geschichten, die die Seele nähren.)
4. Nach der Geschichte geht's ins Bett (oder wir liegen schon im Bett während der Geschichte)
5. Als Abschluss gibt's unseren Abendspruch: "Lass' mich wachsen wie ein Baum..."(nach einer längeren Zeit kann dieser auch ausgetauscht werden, je nach Jahreszeit oder Alter des Kindes.)
   

In der heutigen digitalisierten Zeit ist es wichtiger denn je, feste Rituale in den Alltag zu integrieren, damit Kinder sich zentrieren können und auch, wie ich finde, erden können. Erdung und Verankerung der Kinder helfen uns Eltern und Erwachsenen mit Kindern leichter durch den Tag zu gehen. Das gilt allerdings nicht allein für Kinder, sondern auch für uns Erwachsene. Vielen Erwachsenen selbst fehlt eine gute Erdung. (Natur, Stille, Pausen, Energiearbeit, Rituale, Gartenarbeit, in der Erde wühlen, ...)
(Wie oft sagen wir z. B.: "Die/der ist außer sich.")

Foto: Andrea Agyemang

Wir können uns z. B. mehrmals am Tag (aber mindestens einmal) einfach vorstellen, wie uns Wurzeln aus den Fußsohlen wachsen bis in die Mitte der Erde zu unserem Ankerpunkt, den jeder hat, und von oben aus dem Kopf heraus die Verbindung nach oben zum Himmel, ins Kosmische, stärken. Energetisch also, durch unsere Vorstellung. (So sind wir also immer fest verankert zwischen Himmel und Erde, auch wenn es mal "stürmischer" ist.)